LOVE LIES BLEEDING ist in einem 80er Jahre-Universum angesiedelt, in dem die Schurken Vokuhila tragen und die kettenrauchende Heldin Nikotin-Abgewöhnungs-Kassetten hört, und ist dabei ein durch und durch gegenwärtiger Film, eine wilde, feministische Erzählung, die im Exploitation- und Horrorkino emanzipatorische Kraft findet.
Regisseurin Rose Glass (ST. MAUD) verliert keine Zeit: Durch einen roten Höllenschlund gleitet die Kamera in einen Sternenhimmel und mitten hinein in das schlagende Herz von LOVE LIES BLEEDING, die abgeranzte Fitnessbude am Stadtrand, in der Lou (Kristen Stewart) Managerin ist. Muskeln sind zum Zerreißen gespannt, Fleisch wackelt, die Musik pumpt, und brachiale Schilder verkünden als Vorausboten der Handlung: PAIN IS WEAKNESS LEAVING YOUR BODY, ONLY LOSERS QUIT und DESTINY IS A DECISION. Dann kommt eine Fremde in die Stadt. Die Drifterin Jackie (Ex-Polizistin, Bodybuilderin und Schauspielerin Katy O’Brian) hat nur einen Traum: Sie will bei den Bodybuilding-Meisterschaften in Las Vegas antreten. Sie beschafft sich einen Job auf dem Schießgelände, das von Lous Arschloch-Schwager JJ (Dave Franco) gemanagt wird. Als Jackie in Lous Gym aufschlägt, ist die Anziehung unmittelbar. Noch am gleichen Abend landen die Frauen bei Lou, und Jackie zieht dort nicht mehr aus.
Doch aus dem Traum von neuer Liebe, Sex, Anabolika, Bodybuilding und einem gemeinsamen Trip nach Vegas wird ein Alptraum, als JJ seine Frau – Lous Schwester Beth (Jena Malone) – krankenhausreif prügelt und Lous Rachefantasien auf Jackie überspringen, die sie brutal umsetzt. Jackie und Lou landen im Fadenkreuz nicht nur der Polizei, sondern auch von Lous Vater, dem diabolischen Waffenschmuggler Lou Sr. (Ed Harris).
Gemeinsam mit Weronika Tofilska (Regie „Baby Reindeer“) hat Rose Glass ein dichtes B-Movie geschrieben, das souverän disparate Genreelemente zusammenbringt. THELMA & LOUISE, ATTACK OF THE 50FT WOMAN, Roger Corman und die Coen Brüder steuern Elemente bei, und unter der Oberfläche brodeln sexuelle Spannung und ein Horror, der sich vor allem über den Soundtrack bemerkbar macht. LOVE LIES BLEEDING ist aber weder Pastiche noch Hommage, noch die Sorte Jungs-Film, die vor allem cool aussehen will. Der Film zieht seine Kraft aus einem ausgezeichnet gebauten Drehbuch und glaubhaft geschriebenen Figuren mit nachvollziehbaren Problemen. Unfassbar cool aussehen tut er natürlich trotzdem. (INDIEKINO Magazin, 06/2024)