Der in Prag geborene Jan Švankmajer gehört zu den Solitären des europäischen Kinos. Jan Švankmajer hat einige der wegweisenden Animationsfilme des 20. und 21. Jahrhunderts geschaffen und ist zugleich Sammler, Multiplikator, Autor, Bastler und Bildender Künstler. Er gehörte zu jenen Künstler*innen, die bis zum 21. August 1968 in der Tschechoslowakei mit Einzel- und Gruppen-Aktivitäten den Anschluss an die Weltkunst suchten und realisierten. Eine zentrale Rolle spielte dabei die surrealistische Bewegung der tschechischen Spielart, die bereits ab den späten 20er Jahren eine erste Blüte erlebt und die trotz der deutschen Okkupation ab 1938 und der brutalen hochstalinistischen Phase ab 1948 nie ganz zum Erliegen gekommen ist. Nach Stalins Tod Ende der 50er Jahre, kam es zu einer neuen Renaissance.
Jan Švankmajer und seine Frau – die Malerin, Dichterin, Keramikerin, Autorin und Bühnenbildnerin Eva Švankmajerová (1940–2005) – fungierten als wesentliche Akteure dieser ungemein kreativen und mutigen Gruppierung, deren Aktivitäten nicht zu den Maximen des sozialistischen Realismus passten. So wurden die kurzen und langen Filme von Jan Švankmajer auch immer zu Statements von Zivilcourage. Die Retrospektive im BrotfabrikKINO bietet eine Möglichkeit, wesentliche Teile des Œuvres von Jan Švankmajer in restaurierten, digitalen Fassungen auf der Leinwand erleben zu können. Vier der sieben abendfüllende Programme widmen sich insgesamt 19 Kurzfilmen. Hinzu kommen die Langfilme NĚCO Z ALENKY (Alice, ČSSR/CH/UK/BRD 1987) und HMYZ (Insekten, CZ 2018) und als besonderen Höhepunkt die knapp einstündige Arbeit KUNSTKAMERA (CZ 2022). (Claus Löser)
